Traum von Amsterdam

Jetzt war es endlich so weit, ich durfte mit meiner Familie Amsterdam besuchen. Das hatte ich schon längere Zeit vor, doch ergab sich dazu leider bislang noch keine Möglichkeit. Durch gute Planung von Seiten meines Mannes und etwas Glück konnten wir dieses Mal unseren Urlaub jedoch mit einem Tagesausflug in diese wunderschöne Stadt kombinieren.

Sozusagen als kulturelle Begründung für eine ansonsten absolut bildungsferne Reise. Ich weiß nicht, ob es den Begriff der „bildungsfernen Reise“ offiziell überhaupt gibt, doch falls, dann haben wir ihn wohl entscheidend mit geprägt. Oberstes Ziel unserer Reisen ist Baden – in welchen Gewässern auch immer, und Essen – was auch immer. Beides so viel wie  möglich.

Die Assoziationen unseres Bekanntenkreises zu Amsterdam beliefen sich je nach Persönlichkeitsstruktur auf:

  1. Madame Tussauds, Anne Frank und Körperwelten
  2. Käse, Schokolade und Kroketten
  3. Coffeeshops, Schwulenbars und Nachtclubs

Ich war vor fast 22 Jahren schon einmal ein paar Tage in Amsterdam. Allerdings kann ich mich nur noch an den Bahnhof erinnern, in dem ich meine erste Nacht schlafend auf dem Boden verbracht hatte, da im Hostel kein Platz frei war. Außerdem an die beeindruckenden Häuserfronten der Altstadt, die, wie ich jetzt weiß, noch immer die gleiche Faszination auf mich ausüben. Und die Perkussion Band Stomp, die zugegebenermaßen in jeder anderen Stadt genauso beeindruckend gewesen wäre. Nachdem für das Hostel und das Stomp- Highlight am zweiten Abend damals der Großteil meines Etats für diese Stadt (insgesamt war ich vier Wochen mit dem Interrailticket unterwegs) aufgebraucht war, und mir mit meinen 16 Jahren so einiges an Kultur verweigert blieb, gab es wohl weiter nichts Erinnernswertes. Ich wusste nur immer, dass ich im Erwachsenenalter mit genügend Geld zurückkommen wollte, um eine der hoch gepriesenen Grachtenfahrten nachzuholen.

Zur Anreise entschieden wir uns für Park and Ride. Das Parkhaus am Stadtrand war super zu erreichen und für meine Landkinder das erste Highlight des Tages. Die Toiletten waren übrigens die saubersten, die wir während des gesamten Tages sehen sollten, und das waren einige! Außerdem waren es die einzigen, die wir als typische Touristen kostenlos nutzen konnten.

Und los ging´s in die Stadt. Fast wie vor 22 Jahren. Auf Schienen, wenn auch dieses Mal unterirdisch. Ich freute mich, meine Kinder waren aufgeregt. Mein Mann hatte seinen Geldbeutel dabei.  „Wenn´s lafft no lafft´s.“

Hier war ich nun also. Zurück. Fast ein viertel Jahrhundert später! Mit meiner Familie und genügend Geld, die Stadt zu erobern. Insgesamt schien mir das Publikum wesentlich jünger zu sein als bei meinem letzten Besuch. So zumindest mein subjektiver Eindruck.

Wir sahen das erste Fahrradparkhaus Europas, die schönen alten Häuser und die neuen Gebäude, von denen gefühlte 50% angeblich die Form eines Schiffes haben sollen.

Das Bild zeigt das dreistöckige Fahrradparkhaus von Amsterdam. Nahezu alle Parkplätze sind belegt.
In der Stadt der Fahrräder darf ein Fahrradparkhaus nicht fehlen

Beeindruckend fand ich die vielen Hausboote in den Grachten.

In ihrer Vielzahl und Individualität machen sie Lust auf Abenteuer. Auf der Heimfahrt nutzte ich die Zeit, um diesbezüglich zu googeln. Ein legal angelegtes Hausboot in Amsterdam ist für unsereins unbezahlbar. Und wenn ich es mir recht überlege, gibt es sicherlich idyllischere Orte als die Hauptdurchgangswasserstraßen für die unzähligen Touristenboote, die da täglich vorbei fahren.

Das Bild zeigt ein Hausboot in den Grachte Amsterdams.
Das Leben auf einem Hausboot wirkt auf den ersten Blick recht romantisch.

Die zahlreichen Museen bewunderten wir von außen, da das mit vier Kindern nur begrenzt Spaß macht und man die Eintrittskarten schon vorab buchen muss, um überhaupt rein zu kommen. Nur als kleiner Tipp am Rande, falls für dich bei Städtereisen Museenbesuche dazu gehören. Das gilt übrigens für viele Städte.

Das Bild zeigt das Sexmuseum, genannt Venustempel, in Amsterdam
Dass gerade dieses Bild „unscharf“ geworden ist, finde ich besonders bedauerlich.

Da wir uns beim Essen auf keine Nationalität einigen konnten, aßen wir nach Lust und Laune vom Straßenverkauf. War auch mal ganz nett. Irgendwie recht hipp für so Spießer wie uns, finde ich.

Unseren Großen erklärten wir, was es mit den Coffeeshops so auf sich hat, und das daraus resultierende Verhalten der Leute, die aus denselben kamen. Als wir einen jungen Mann in Windeln und Lätzchen die Straße entlang schlendern sahen, der offensichtlich die Hauptperson eines Junggesellenabschiedes war, ließ ich meine Kinder im Glauben, dass dieses Verhalten eindeutig auch auf Drogenkonsum zurückzuführen sei. Der Zweck heiligt die Mittel. Sie waren mehr als geschockt und lassen hoffentlich die Finger von dem Zeug.

Acht Stunden, eine U-Bahnfahrt, eine Grachtenfahrt, 9,4 km Fußweg, siebzehn Meinungsverschiedenheiten, 31 478 kcal und 127,34 € später konnten wir die Stadt im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr riechen. Einstimmig wurde der Antritt der Rückreise bestimmt.

Schön war´s.

Anstrengend war´s.

Doch ich muss alle enttäuschen, die uns vorab auf unseren Erziehungsauftrag hinwiesen. Obwohl wir unsere Kinder durch sämtliche Seitengassen schleiften, konnten wir ihnen weder leicht bekleidete Damen in Schaufenstern, noch einen reellen Einblick in die Drogenszene bieten. Jedes Einkaufszentrum mit Victoria´s Secret- Schaufenstern, Zeitschriftenhandel und Tabakwaren bietet hierzu mehr Gelegenheit.

Ich habe von diesem Tag für mich mit genommen, dass vermutlich jede Stadt einen zweiten Besuch wert ist. Eine neue Zeit ermöglicht einen anderen Blickwinkel.

Die Parkgebühr belief sich durch Vorlage der U-Bahntickets (mit 12,70 € für uns alle wirklich fair wie ich finde) am Ende auf einen Euro für den ganzen Tag. Dieser Betrag hatte damit eher symbolischen Charakter.  Man bekam bei Angabe des Autokennzeichens keinen Parkschein für´s Auschecken, denn die Schranke sollte sich automatisch öffnen. Wir kannten das bereits von der Videomaut in Österreich. Tolles System, das ich jedem empfehlen würde, wenn er nach oder durch Österreich reisen möchte. Also Autokennzeichen angegeben. Satt, müde und zufrieden fuhren wir nun also auf die Schranke zu und – nichts. Das Ding öffnete sich natürlich nicht. Bis jetzt war alles nach Plan verlaufen. Und ich schwöre, ich hab meinen Mann nur gefragt, ob er das mit dem Kennzeichen wirklich richtig verstanden hatte. Und schwupps, schon war schlechte Stimmung. Keine Ahnung, wo die so schnell her kam. Also Kommando zurück, nochmal parken und nach Info suchen. So ein Spaziergang im Parkhaus hatte schon auch etwas. Ich postierte mich an der Schranke und siehe da: Die Leute sprachen mit der Schranke. Ich mit dieser Info also zu meinem Mann. Und der mit dem Auto an die Schranke (ich stand noch neben derselben). Infoknopf drücken, irgendetwas sagen, egal ob englisch deutsch oder sonst etwas, und die Schranke hebt sich. Eigentlich ganz einfach. Wir hingen mal wieder zu sehr an dem was wir schon kannten. Dabei wäre das Drücken eines Infoknopfes doch die naheliegendste Lösung, wenn ein Problem auftritt. Gespeichert für´s nächste Mal. Und was soll ich sagen, zum Glück war nach dem Parkhaus ein Kreisverkehr. So konnte mich mein Mann relativ unkompliziert wieder einsammeln, als meine Kinder bemerkten, dass ich noch nicht an Bord war. Er behauptet felsenfest, es war ein gut durchdachter Scherz, ich glaube, er hatte mich echt vergessen. Aber da will ich mal nicht nachtragend sein. Was in Amsterdam geschieht, bleibt in Amsterdam.

Dieser Familienausflug hat mir auch bewusst gemacht, wie cool meine Eltern damals ganz offensichtlich waren. Dass die mir das erlaubt haben, unglaublich. Vermutlich war ihnen klar, dass sich meine Möglichkeiten, auf die schiefe Bahn zu geraten, als abgebrannte Minderjährige in Grenzen halten würden.

Das ist die Erkenntnis des Tages schlechthin. Lass deine Kids nach Amsterdam und deinen Mann auf die Reeperbahn. Solange du den Reiseetat bestimmst, hält sich der Schaden in Grenzen.

LG, deine seit Amsterdam tiefenentspannte Glitzer

Wenn du wissen möchtest, wie ein Schwimmbaderlebnis bei uns aussehen kann, empfehle ich dir den bereits erschienenen Beitrag. Ungeplant Spaß?!

3 Antworten auf “Traum von Amsterdam”

  1. 😂😂
    Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erleben.
    Bei diesem Beitrag packt mich sofort die Reiselust und mir fallen die ganzen Städte wieder ein über die bekannte und Verwandte nach ihrem Besuch erzählen und mein Kommentar dazu immer ist, dass ich da auch mal hin möchte. Leider bleibt es (vermutlich durch zu wenig Initiative) immer nur beim Vorsatz und Tagträumen.
    Ich versuche mir ein Beispiel an dir zu nehmen und hoffe ich kann auch mal von einer Städereise berichten😉

    Gefällt 1 Person

    1. Na dann los, ran an die Planung. Am besten du nutzt sie Sommerzeit mit Ausflügen an die Seen und nimmst Reiseführer mit um dich für die erste Stadt zu entscheiden. Dann kannst du im Herbst los. Ich persönlich finde die heißen Sommertage in den Städten eher anstrengend. Dafür brauche ich kein Badewetter.
      Viel Spaß beim Stöbern und Träumen .

      Gefällt 1 Person

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