Der Heimwerkerkönig und mein Letzter Wille

Ich habe es ja bereits erwähnt. Ich hatte großes Glück

und habe einen tollen Mann erwischt. Das ist ja wirklich nicht selbstverständlich. Vor allem im jugendlichen Leichtsinn lassen sich ja manche den ein oder anderen Typen aufdrängen, oder sie lassen sich vom vermeintlichen Superman blenden. Doch nein, ich habe alles richtig gemacht. Auch nach fünfundzwanzigjähriger Gemeinsamkeit kann ich sagen, ich würde mir meinen wieder aussuchen. Er ist lustig, er ist ein prima Vater, er schleppt zweimal jährlich zentnerschwere Blumenkübel quer über das ganze Grundstück und ich kann nächtelange Küchenthekengespräche mit ihm führen. Doch zwei Dinge kann er einfach nicht. Jahrelang habe ich gehofft, dass das schon noch werde. Doch mittlerweile habe ich es aufgegeben. Es besteht nichtmal ein kleiner Funke Hoffnung. Man nennt es wohl Resignation.

Das eine ist Streiten. Es ist doch wohl nicht zuviel verlangt, mal mit der eigenen Ehefrau zu streiten. Kannste knicken. Meine eine Oma pflegte immer zu sagen: „Überall ist was, bloß bei uns nicht!“. Ganz klar, es ist nicht so, dass bei uns nix ist, aber er beschränkt sich bei Diskrepanzen lieber darauf, mal abzuwarten. Und er wartet und wartet und wartet. Es dauert sehr lange, bis er mal wirklich ausflippt. Das passiert dann etwa so einmal im Jahr. Aber dann richtig. Ich kann dir sagen, dagegen ist jeder Hurrikan Pillepalle. Und wenn es so weit ist, müssen wir alle sehen, dass wir ganz schnell Land gewinnen. Das kommt dann für die Familie immer so überraschend, dass wir regelrecht in eine Schockstarre verfallen. Ich bin sicher, er selber erschrickt sich da immer.

Einmal, er war grad am Ofenanschüren und hatte den Schürhaken in der Hand, brachten ihn die Kinder zum jährlichen Wutausbruch. Den Grund weiß ich nicht mehr, es sind jedenfalls immer Kleinigkeiten. Noch heute sind die Kinder davon überzeugt, dass er sie mit dem Schürhaken verprügelt hätte. Wahrscheinlich malten sie sich, komplett unter Schock stehend, das Horrorszenario weiter aus und es brannte sich halt in ihren Gehirnen so ein was hätte sein können. Aber es bleibt Gottseidank immer nur beim Toben und der übertriebenen Erhöhung seines Lautstärkepegels.

Ja, das Streiten ist das Eine. Okay, ich kann damit leben, obwohl ich gerne lieber streiten würde. Sein zweiter Makel bringt mich jedoch weitaus öfter auf die Palme:

Er ist definitiv kein Handwerkerkönig.

Während andere Männer leuchtende Augen bekommen, wenn der neueste Baumarktprospekt ins Haus flattert, meinen lässt das kalt. Nicht dass er es nicht könnte. Ich bin ganz sicher, er könnte es sehr wohl. Er mag einfach nicht. Er hat einfach keine Lust. Wandfarbe heißt bei ihm Depressionsfarbe und nicht Dispersionsfarbe. Denn er kriege immer Depressionen wenn er die Eimer sehe 😨.

Das alles führte so weit, dass ich eines Tages einen kleinen, handlichen Akkuschrauber unter dem Christbaum liegen hatte. Ein echt schönes Teil. Nix mickriges, sondern die blaue Profiausführung in einem schicken, blauen Nylontäschen im „Bob-der-Baumeister“-Style. Da hatte er sich echt Gedanken gemacht. Spätestens da hätte ich intervenieren müssen. Zu spät. Total verk….t 😕. Die Rechnung dafür habe ich am darauf folgenden Werktag überwiesen.

Nun ist es aber halt mal so, dass in einem Haushalt einfach Reparaturen anfallen. Viel kann ich ja mit meinem kleinen Bob selbst erledigen. Wände streichen, Bars bauen, Möbel zusammenschrauben, Glaskeramikkochfelder erneuern oder Vorhangleisten montieren, alles kein Problem. Aber vor Strom hatte ich immer einen Heidenrespekt. Doch wusste das anscheinend unsere Schlafzimmerlampe nicht. Sie gab den Geist auf. Fachmännisch begutachtete mein Mann das gute Stück und stellte fest: „Die ist hin“. Mein fragender umd wahrscheinlich auch etwas genervter Blick machte ihm wohl deutlich, dass mir diese Antwort nicht genügte und er fügte hinzu:

„Da kann ich jetzt auch nix machen.“

Oh naaaainn…. Dieser Da-kann-ich-jetzt-auch-nix-machen-Spruch gleicht dem Amen in der Kirche und bedeutet für mich, dass der Hausherr die Angelegenheit als erfolgreich erledigt abgestempelt hat. Das war’s dann wohl mit einem beleuchteten Schlafzimmer. Wozu auch ’ne Lampe im Schlafzimmer? Man schläft ja ohnehin dort die meiste Zeit, außerdem gibt’s ja noch zwei Nachttischlampen😡(Sarkasmus aus). Nicht mit mir. Natürlich besorgte ich schnell eine neue (selbstverständlich mit dazu passenden Servietten und Kerzen; du weißt, was ich meine 😜 ) und bat meinen Mann, diese doch zu montieren, denn ich hätte ja Angst vor Strom. Da er am nächsten Tag beruflich für einige Tage verreisen musste, erkläre er mir, dass er die kaputte Lampe aus Zeitgründen lediglich durch eine Rohbaulampenfassung ersetzen könne. Okay, zumindest ließ er mich nicht im Dunkeln sitzen. Sag ich doch, ein toller Mann 😍.

Einige Monate später (ich hatte den Kerzenvorrat bereits zwei mal aufgefüllt), er war wieder verreist, sprang mir morgens beim Aufwachen die Lampenfassung ins Auge. So, nun reichts. Noch um Schlafanzug ging ich in den Keller und holte die neue Lampe. Anhand eines Youtube-Tutorials ließ ich mir das Lampenmontieren erklären und erkannte schnell, dass das nicht sooo schwer sein konnte. Das grün-gelbe kabel aus der Decke wird anhand des kleinen legobausteins mit Schrauben mit dem grün-gelben Kabel der Lampe verbunden. Ebenso das blaue mit dem blauen und das schwarze mit dem schwarzen. Voll pupsi. Schaff‘ ich 💪. Nach einem Blick in die neue Fassung stellte mein frisch geschulter Elektrikerblick schnell fest, dass schwarz fehlte. Ich beschloss, dass in meinem Fall halt jetzt braun schwarz sein täte und holte die Leiter.

Ich wollte es den Kindern ersparen, nach der Schule eventuell ihre durch Stromschlag verstorbene Mutter im Schlafzimmer liegend aufzufinden. Deshalb rief ich vorher meine Schwester an und bat sie, doch jemanden vorbei zu schicken, falls ich mich in einer halben Stunde nicht bei ihr melden würde. Ich gab ihr auch noch zu verstehen, dass ich keinen Leichenschmaus möchte, statt dessen aber ein Dart-Turnier in der Stadtkneipe. So Kaffeeteilchen müssten nicht sein (ich mag keinen Kuchen), aber irgendwas mit Wurst wäre gut. Als musikalische Umrahmung wäre Helge Schneider toll. Erd- oder Feuerbestattung ist mir egal, was billiger ist und weniger Aufwand bedeutet. Sollten irgendwelche Organe noch brauchbar sein, könnten diese gerne wieder verwendet werden. Wär‘ ja schad‘ drum. So, alle wichtigen Angelegenheiten waren erledigt, ich konnte zur Tat schreiten, selbst meine Schwester konnte mich nicht aufhalten. Und weißt du was? Es hat ganz wunderbar funktioniert. Nach zehn Minuten hing meine erste, mit eigenen Händen montierte Lampe an der Decke und leuchtete.  Meine Vermutung, dass Schwarz auch Braun sein kann, war richtig. Zwar musste ich noch ein Loch zur Befestigung in die Decke bohren, aber das war ja angesichts meiner Profiausstattung ein Klacks. Die Tragweite meines Erfolges wurde mir erst später bewusst. Nächster Fehler:

Künftig muss ich auch Lampen selber montieren.

Beim darauf folgenden Familienkaffeekränzchen berichtete ich der Verwandtschaft von meinen neu erworbenen Fähigkeiten. Natürlich in der Hoffnung, dass der ein oder andere dem lieben Göttergatten eventuell ins Gewissen reden könnte. Doch Pustekuchen. Wie immer sah NIEMAND die Veranlassung, sein Verhalten auch nur ansatzweise zu kritisieren. Ich gehe davon aus, dass sie ihm nach wie vor alle sehr dankbar sind, dass er noch immer mit mir verheiratet ist. Ich hörte dann noch wie toll es doch sei, dass er mir den Akkuschrauber geschenkt hat, denn mit einem kleinen tue man sich ja vieeel leichter. Das Gespräch beendete dann meine Oma mit den Worten:

„Sei froh, dass er im Schlafzimmer nicht an die Decke schaut. Das kann nicht jede sagen!“

Super Oma. Mir fiel dazu nix mehr ein😩 .

Natürlich hatte Oma Recht! Ich bin nun jedes mal, wenn ich auf meine Schlafzimmerlampe schaue dankbar, dass meinen Mann die Schlafzimmerdecke wenig interessiert. Doch heute stellte ich fest, dass nun auch die Waschküchenlampe hinüber ist. Und an diese Decke könnte er von mir aus gerne gucken. Bisher kam lediglich sein Kommentar:

„Hmmmm!“

Aber noch nicht „Da-kann-ich-jetzt-auch-nix-machen“. Es besteht also noch Hoffnung. Ich werde versuchen, das heute Abend in einem Küchenthekengespräch zu lösen und werde berichten.

Ich wünsch‘ Dir ein schönes Wochenende, mit wenig Reparaturarbeiten und

Immer genug Licht 🙂

Alles Liebe,

Deine Flitzer von

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Wie sieht’s bei dir aus? Bist du die Heimwerkerkönigin, oder hast du ’nen Heimwerkerkönig?

Lass doch mal hören, wir freuen uns darauf 🙂

 

6 Antworten auf “Der Heimwerkerkönig und mein Letzter Wille”

  1. Echt saugefährlich einen Kaffee in aller Gemütlichkeit trinken zu wollen und dabei diesen Artikel zu lesen😂
    Fast hätt es das Tablet erwischt…
    Ja, ich sag mal wenn ich genug Zeit aufbringe (Joa…mal n paar Wochen oder ein bis zwei satte Monate gehen da locker ins Land) hilft mir mein Herz doch auch bei unliebsamen Arbeiten. Doch manchmal gehen Dinge SOFORT. Bisher hatte ich erst knapp 20 Jahre wie da was entschieden wird rauszufinden. Ganz bin ich noch nicht dahintergekommen. Aber er hilft mir immer – spätestens aus Mitleid😂😂
    Dafür darf ich meinerseits mein völliges Unverständnis alles was Technik und Computer sowie das breite Handy Spektrum betrift in all seinen Facetten des Nicht-wissen-wollens ausleben!
    Haben wir nicht die tollsten Männer?
    Liebe Grüßerl

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  2. Ja, den schlimmsten Handwerkerfehler, nämlich aus Verzweiflung selbst anzupacken, machen viele tüchtige Kolleginnen unseres Geschlechts. Da hilft nur beizeiten die gerne auch beim kindlichen Grimassenschneiden mit schlimmem Augenverdrehen ausgesprochene Warnung: „Lass des, sonst bleibts Dir“.
    Ja, auch ich mache Fehler und so nenne ich neben einer vom Vater geerbten Bohrschlagmaschine einen selbst gekauften handlichen grünen Akkbohrschrauber mein eigen, Abisolierzangen, Schraubzwingen etc. sowieso. Ich bilde auch erfolgreich Lehrlinge aus. Aber, und darauf achte ich streng: nur männliche Lehrlinge! Für weibliche Lehrstellenbewerber halte ich obigen Spruch bereit. Ausnahmen sind dann gestattet, wenn eine künstlerische Komponente ins Spiel kommt, Wände streichen und so.

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    1. Ja liebe Moni…. hätte uns da nur mal einer richtig ausgebildet. So bleibt es uns eben leider. Ich werde wohl künftig bei meinen Töchtern auch darauf achten müssen 😉

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